Raymond Thelen
Synthesizer
M. Aktug
Grafik
Raymond Thelen
Technik
C. Wurster
Aufgenommen im Tonstudio T l der Fachhochschule
Düsseldorf, Georg-Glock-Str.
Manuskript
Entwurf R. Thelen, M. Aktug
Ausarbeitung und Text R. Thelen
Das hier vorgestellte Projekt ist eine musikalische Umsetzung der ausgestellten Graphikserie. Die Serie ist insgesamt als Partitur anzusehen, wobei jedes Blatt Figuren, bzw. Strukturen beinhaltet, die wir versuchten musikalisch zu beschreiben.
Ein festes Konzept hatten wir zu Beginn dieser Arbeit nicht. Anfangs wählten wir zwar das Thema der Farbenmusik, jedoch mussten wir einsehen, dass der Zeitraum indem wir eine abgeschlossene Arbeit fertig stellen mussten, für dieses schon sehr umfangreich behandelte Thema zu kurz war. So einigten wir uns darauf, eine von mir zu dieser Zeit in Arbeit befindlicher Experimentierserie von Radiertechniken zum Ausgangspunkt unseres Themas zu machen.
Ziel dieser Radierserie war es, auf einer Zinkplatte verschiedene Radier- bzw. Ätztechniken zu probieren, die einzelnen Strukturen zu überlagern, die Platte durch ständige Ätzungen zu zerstören, bzw. dadurch die entstehende Gesamtstruktur auf ein Minimum zu reduzieren.
Die Zustandsabzüge (insgesamt 32) zeigten eine figürliche und strukturelle Entwicklung auf, die sich gut dazu eignete, ein Gerüst für ein Musikstück aufzubauen.
Wir reduzierten die Anzahl der Blätter auf neun Exemplare und begannen, uns über die Bilder zu unterhalten.
Figuren, Stimmungen und Entwicklungen der einzelnen Bilder wurden diskutiert damit eine konkrete Geschichte als Basis des Musikstückes entstehen konnte.
Ausgehend von der Holzstruktur in Bild I entsteht in Bild II durch Gewalteinwirkung eine neue Figur (Felsenfigur), die mit den Holzstrukturen im Kontrast steht. Die somit entstandenen Spannungen führen schließlich zum plötzlichen Energieausbruch, der beide Figuren zerstört (Bild III, IV).
Die freigewordene Energie (sich überlagernde Strukturen, Linien, Flecken etc.) beruhigt und verdichtet sich ''Bild IV, V) und bildet schließlich eine neue reduzierte Figur (Bild VI - IX).
Mit einem Synthesizer (Yamaha DX-7) wollten wir Klänge und Effekte erzeugen, die die Figuren, bzw. Stimmungen beschreiben.
Im Tonstudio gesellte sich Christof als Tontechniker zu uns, der uns die Aufnahme des Stückes technisch ermöglichte und bei der Ausarbeitung von Effekten erheblich mitgewirkt hat.
Nach ca. 30 Std. Tonstudio und Verwendung von mehr als 30 Tonbandspuren konnte das Musikstück auf 2 Kanäle abgemischt werden.
Bild I - Holzstruktur und Gazemuster
Die Holzstruktur tritt auf in Form von Parallellaufenden Basslinien, die durch Vibrati und Glissandi eine individuelle Struktur bekommen. Eine weitere Basslinie taucht auf, fügt sich ein und endet wieder.
Das Gazemuster - als ebenfalls organische Struktur - ist mit dem Holz als Einheit festgesetzt worden um das Stück nicht mit Klängen, oder Tönen von Anfang an zu überladen.
Vielmehr wurde hier auf die Gesamtstimmung des Bildes eingegangen, welche eher als harmonisch oder ruhig anzusehen ist. Mit dem pulsierenden (vibrato) Ton d scnien uns das Gazemuster ausreichend repräsentiert.
Bild II
Nach ca. 40 Sekunden beginnt Bild II mit einem lauten 2-fachen Glissandoeffekt. Die Holz- und Gazestruktur wird aufgerissen und formiert sich - auf ca. 1/3 reduziert - auf der linken Bildseite. Plötzlich steht eine felsenartige Figur, die durch eine frei gespielte Clavinetstimme dargestellt ist, in dem entstandenen Raum.
Der Einsatz von Echo und Hall vermittelt hier den räumlichen Aspekt. Die Bässe werden in ihrer Anzahl, und Lautstärke reduziert.
Dauer 35 Sekunden.
Bild III
Die beiden Figuren bestehen nicht nebeneinander. Laut angeschlagene Cluster - Akkorde stellen das explosionsartige Freiwerden der Energie dar (Kaltnadel). Ein 60 Sekunden Nachhall, der bis zum Ende des IV. Bildes reicht, soll den mit Energie angereicherten Raum darstellen. Feine Strukturen treten im Bild auf, die durch schnell gespielte Töne viergestrichenen Registers repräsentiert werden.
Dauer ca. 30 Sekunden.
Bild IV
Die Explosion ist vorbei, aber der Raum ist immer noch mit Energie gefüllt. Der Nachhall der Explosion dauert an und die hohen schnellen Töne werden dichter.
Für die zunehmende Struktur kommen Töne von Holzblöcken und Xylophon hinzu und überlagern die in den Hintergrund tretenden Figuren (Holz und Felsen).
Es scheint eine Beruhigung eingetreten zu sein. Die Energie sucht sich zu orientieren, und in diesem Moment taucht das erste Mal eine Andeutung des musikalischen Tongerüstes auf. Linear und ohne Takt gespielte Töne in der Folge g, f, b, c, f, d, c, f lassen das Thema der Promenade aus Musorgskis „Bilder einer Ausstellung“ erkennen, Dieses Thema ist aus den fünf Tönen c, d, f, g, b aufgebaut, welche wir für den tonalen Aufbau des Stückes wählten.
Dauer 3o Sekunden
Bild V
Die Figuren Holz und Felsen sind verschwunden. Dafür herrscht ein wildes Durcheinander von Strukturen und Linien, die sich zunehmend verdichten (hohe Töne, Holzblöcke und Xylophon).
Die wieder auftretende Kaltnadel steht für weitere Entladungen, die durch die annehmende Verdichtung der Strukturen auftreten. Die Entladungseffekte werden durch eine Zusammenfassung verschiedener Stimmen dargestellt: Oboe, Pauken und Brass.
Eine grobe abfallende Kaltnadellinie taucht in Form einer Flötenstimme auf, die langsam in den Bassbereich absinkt und somit den dunkleren Eindruck des nächsten Bildes ankündigt.
Dauer 45 Sekunden
Bild VI
Der Prozeß der Verdichtung geht weiter. Die Flötenstimme ist auf ihren tiefsten Stand angelangt und wird langsam ausgeblendet.
Aufgeblendete Nachverhallte Bassstimmen geben nun den dunklen Eindruck wieder.
Die Töne des viergestrichenen Registers werden immer schneller gespielt. Die Xylophonstimme wird ebenfalls dichter.
Die Holzblöcke lösen sich langsam auf und enden.
Weiße und schwarze Flecken treten auf. Rauschen (weißes Rauschen) wird aufgeblendet, und starkes Rauschen (rosa Rauschen) taucht wiederholt kurz auf.
Eine tiefe verhallte und verzerrte Clavinetstimme wird wiederholt punktuell gespielt.
Dauer 4o Sekunden
Bild VII
Langsam scheint die Energie etwas Neues formieren zu wollen. Eine Reduzierung zu Schwarz und Weiß bahnt sich an, da die Strukturen immer dichter werden und noch mehr schwarze und weiße Flecken auftreten.
Die Nachverhallte Bassstimme ist noch im Hintergrund zu hören, da der Gesamteindruck noch sehr dunkel ist.
Dagegen verschwinden die Töne des viergestrichenen Registers. Jetzt ist nur noch die mittlere Tonlage des Xylophons bewegter Hintergrund des Bildes, welches durch leises Rauschen (weißes Rauschen) begleitet wird.
Die schwarzen und weißen Flecken ( Clavinet und rosa Rauschen) beherrschen nun in zunehmender Weise das Bild.
Dauer 30 Sekunden
Bild VIII
Die Reduzierung geht ihrem Ende entgegen. Zwei neue Figuren bilden sich, wobei die rechte eine Struktur besitzt, die eine Entwicklung zur Holzstruktur andeutet. Dementsprechend setzen auch wieder Parallellaufende Basslinien ein (Bläserbass), wie sie in ähnlicher Form schon für die Holzfigur verwendet wurde. Das rosa Rauschen wird lang ausgedehnt und stellt die eigentliche Trennung der beiden Figuren dar. Die Clavinetstimme taucht nur noch vereinzelt auf. Musikalisch löst sich eine Strukturlinie aus der rechten Figur. Ein weiterer Bass (Ton c) wird aufgeblendet ( Hinweis auf Bild IX). Bläserbass, Nachverhallter Bass und das leise Rauschen (weißes Rauschen) werden abgeblendet.
Dauer 40 Sekunden
Bild IX
Die Reduzierung ist abgeschlossen. Nur noch zwei Linien sind vorhanden, Schwarz auf Weiß, organisch verlaufend.
Basston c wird auf den rechten Kanal reduziert. Auf dem linken Kanal wird mit einem kurzen nach unten verlaufenden Glissando eine zweite Bassstimme angespielt, die nach kurzer Zeit wieder endet.
Es verbleibt Ton c auf dem rechten Kanal
Dauer 55 Sekunden
Februar 1986